Rund Bornholm ist ein taktisch äußerst anspruchsvolles Rennen, allein schon durch die den Teams freigestellte Rundungsrichtung bekommt die Ostseeregatta immer wieder auf's Neue ein ganz eigenes 'Drehmmoment'. So fuhren allein schon von den vier führenden Booten zwei links um den Felsen (SEB2 & OPAL) und die anderen zwei (IMAGINE und ONE4ALL) im Uhrzeigersinn...
Mit 63 gemeldeten Teilnehmern waren in Warnemünde etwa genauso viele Yachten am Start wie bei dem längsten und wohl härtesten deutschen Offshore-Rennen 'Rund Skagen' (das nur alle zwei Jahre im Rahmen der Nordseewoche stattfindet). Zwischen null und acht Windstärken war diesmal alles im Angebot bei (fast) durchgängigem Südwestwind, d.h. hin platt vor Laken und zurück schön auf den Kopp - Rekord adé!
Dennoch Spannung pur: Allein der Start hatte es in sich, aus alter Tradition ging es los im Seekanal zwischen der Mittelmole und grüner Tonne 19. Ein äußerst enges Gelände für die drei Startgruppen, die am Montag mittag bei frischem Südwestwind raumschots mit Steuerbordbug über die Linie geschickt wurden. Nicht selten hat's bei solchen Bedingungen schon gleich am Start geklingelt. Doch zum Glück blieb alles fair und die Teilnehmer hatten ohnehin genug Theater damit, gleich hinter den Molen ihre Spis und Gennis zum stehen zu kriegen (mehr oder weniger erfolgreich)...
Bis Bornholm konnten die Blasen oben bleiben bzw. mussten es zum Teil auch, als die führenden Boote bei bis zu 35 Knoten Wind (8 Bft) mit 20+ Knoten Boatspeed über die relativ flache Welle fegten und das Tuch erst in Lee von Bornholm ohne Risiko wieder bergen konnten (vgl. segelreporter). Auch der ein oder andere Sonnenschuss bleib nicht aus...
In diesen oder ähnlichen Bedingungen (also durchaus Starkwind und Welle aber eigentlich noch kein Sturm) fuhr der 50 Fuß Performance Cruiser KALLISTO dann auf irgendetwas Hartes, was ihnen zunächst das Ruder und kurze Zeit später das ganze Boot kostete (Video, Yacht-Interview, Segeln-Bericht, Homepage KALLISTO).
...und wie geht's weiter mit RUND BORNHOLM?
Von dem heute zu Ende gegangenen 2012er Rennen werden die Teams jedenfalls noch lange und viel zu erzählen haben. Anspruch und Bedeutung dieser Regatta bedürfen eigentlich keiner weiteren Legitimation.
Zwar sind wir hier nicht bei "Wünsch-Dir -was", aber es würde der längsten deutschen Ostsee-Langstrecke RUND BORNHOLM sicher mehr als gerecht, wenn sich ähnlich wie bei RUND SKAGEN auch hier in Warnemünde die besten deutschen Offshore-Yachten in die Meldeliste eintragen, so wie es in diesem Jahr immerhin OPAL, IMAGINE, ONE4ALL oder NEEDLES&PINS taten. Die "weite Anreise" kann eigentlich kein Hinderungsgrund sein, denn Schiffe wie SHAKTI, VARUNA oder die HASPA gingen eine Woche zuvor ja auch beim GOTLAND RUNT an den Start. Das ist 'ne ganze Ecke weiter und da hätte Warnemünde als Start-Zielhafen für RUND BORNHOLM doch quasi auf dem Heimweg gelegen, oder wat?!
Und noch ein Gedanke schießt bei der Gelegenheit ein: Was war eigentlich der Grund dafür, den (einstmals für Rund Bornholm so charakteristischen) Känguruh-Start abzuschaffen? Dabei wurde jedes Boot vor dem Rennen mit einer theoretischen (Yardstick-)Segelzeit je nach Größe und Potenzial berechnet und dann mit einer individuellen Startzeit auf die Bahn geschickt, so dass rein theoretisch alle Schiffe gleichzeitig ins Ziel kommen müssten.
Zugegeben - der Aufwand, alle Boote nacheinander nach Yardstick zu starten, ist nicht unerheblich höher, jedoch bot der Känguruh-Start auch eine Menge Vorteile: zum Einen war er eine Art Alleinstellungsmerkmal für RUND BORNHOLM, denn kaum eine andere große Offshore-Regatta hat ihn im Angebot. Außerdem wären wieder alle Yachten "im Rennen" um den Titel "First Ship Home" (momentan ja gleichbedeutend mit der schnellsten gesegelten Zeit) - eben auch die kleinsten, weil sie mit erheblichem Vorsprung gegenüber den großen Schlorren auf die Bahn gingen - teilweise mehr als 24 Stunden. Zusätzliche Motivation also für sämtliche kleinere Schiffe (die mit der schnellsten gesegelten Zeit i.d.R. ohnehin nichts am Hut haben).
Ein derartiges Finish könnte sicher auch zusätzliche Impulse liefern in Bezug auf das Medieninteresse. So führte der Känguruh-Start u.a. 1999 zu dem legendären Sieg des KALKEI (einem klassischen 8-Meter DDR-'Hiddensee'-Vierteltonner), die sich mit nur wenigen hundert Metern Vorsprung vor der riesigen UCA ins Ziel rettete. Die Presse braucht doch Geschichten und Heldentaten - dies war so eine, von der noch heute an den Stammtischen geredet wird (zumindest in Rostock - wohl weniger in UCA's Verein ;o). Aber auch für die großen Schiffe bekäme das Rennen einen zusätzlichen Anreiz, da das First Shop Home nicht mehr nur unter "den drei üblichen Verdächtigen" ausgesegelt würde, sondern sie vor der Aufgabe stünden sämtliche 60+ kleineren Schiffe vor ihnen "einsammeln" zu müssen, was dann mitunter eben erst kurz vorm Ziel passieren könnte (oder eben auch gar nicht)... Welch eine zusätzliche Spannung für alle auf See und an Land (zumal in heutigen Zeiten mit Tracker, Internet und Liveverbindung zu allen Schiffen)!
Zu allem Überfluss würde es am Start im raumlimitierten Seekanal zwischen Mittelmole und Tonne 19 auch nicht mehr ganz so eng zugehen.Die Vorteile liegen also irgendwie auf der Hand - welche Gegenargumente mag es noch geben? Liegt es an der Länge des Rennens? Oder ist ein K'start nicht "ORC-kompatibel"? Man muss ja auch nicht immer alles revolutionieren, aber Meinungen dazu wären jedenfalls mal ganz interessant...
Hier jetzt aber erstmal erstmal die sechs Gruppensieger von 2012:
- ORC1: SEB II (M. Buck/Rostock)
- ORC2: SCHÜDDELFROST (M. Kehr/Rostock)
- ORC3: GERONIMO (F. Einecke/Berlin)
- YS1: PHOENIX II (T. Kaul/Seedorf)
- YS2: KRABAUTER (C. Masilge/Berlin)
- YS3: BLUE BIRD (R. Kewitz/Rostock)
...sowie weitere Sonderwertungen und -preise:
- “Kyria-Pokal” (gerechnete Zeit nach Yardstick): ONE4ALL (M. Horstmann/Mühlenberg)
- „Knurrhahn-Pokal“ (gerechnete Zeit ORC): SEB II (M. Buck/Rostock)
- „hanseboot-Pokal“ (schnellste gesegelte Zeit des Jahres): SEB II (M. Buck/Rostock)
- „Bestes Boot mit Heimathafen Rostock“ (nach gesegelter Zeit): SEB II (M. Buck/Rostock)
- „Sonderpreis für die älteste Mannschaft“: LUCKY STAR (W. Lucksch/Rostock)
- "Bestes Charterschiff": SIMPLY FAST (C.Ruhnke/Berlin)
- „hanseboot Warnemünde-Cup“ (bestes Schiff aus Warnemünde-Cup, 2 Up & Down und hanseboot Rund Bornholm: GERONIMO (F. Einecke/Berlin)
- "Fairplay-Pokal" (für Standby beim KALLISTO-Untergang): ALL4ONE (K. Woods/CKA)
Alle Angaben ohne Gewähr! Die offiziellen Ergebnisse im Einzelnen sind u.a. hier zu finden. Jetzt erstmal ein paar Bilder vom Start zur 'Hanseboot Rund Bornholm 2012' am vergangenen Montag - viel Spaß damit!
Das Team um Wettfahrtleiter Uwe Wenzel pfeift am Montag mittag auf der Mittelmole fast pünktlich zur der 'hanseboot Rund Bornholm 2012' an. Gestartet wird in 3 Gruppen...
Startvorbereitung? Take it easy! ... nomen est omen ... ;o)
In der ersten Gruppe prescht die GP IMAGINE von Holger Streckenbach fast bei Null aus den Startlöchern. Alle anderen gehen das Rennen "etwas ruhiger" an - der Weg ist so weit - bloß nicht schon gleich am Anfang in Schwierigkeiten kommen...
Vorwindstart bei frischem Südwestwind - nicht nur die Vorschiffsleute haben jetzt Streß - wer kriegt zuerst die Blase zum Stehen...?!
Die SEB2 geht als größtes Schiff bewusst auf Nummer sicher und dem ganz großen Gewusel am Start aus dem Weg. Dafür steht der Genaker schnell und wird bis hinter Bornholm oben bleiben...
Das STG Jugendprojekt ONE4ALL geht hochmotiviert ins Rennen, auch ihnen gelingt das erste Spimanöver ohne größere Probleme. Am Ende gewann das junge Team den Kyria-Pokal für die schnellste berechnete Zeit nach Yardstick.
Vorn die SEB2 von speedsailing und rechts dahinter mit dem großen Teddy im Segel kann nur die WALROSS 4 aus Berlin sein - am Ende Platz 7 (gesegelt) für das Hauptstadt-Team...
OPAL vs. SEB2: das spätere Duell um die schnellste gesegelte Zeit zeichnete sich schon am Start ab. Die weiße Elliot mit Wackelkiel hätte vom Rennwert her eigentlich schneller sein müssen, ging am Ende aber mehr als 3 Stunden hinter dem dunkelblauen Ocean Racer durch's Ziel...
Keiner ahnt es zu diesem Zeitpunkt, aber die KALLISTO segelt direkt in "Richtung Untergang": nach einem akuten Wassereinbruch, vermutlich nach Kollision mit etwas Hartem, liegt der Performance Cruiser derzeit nördlich von Bornholm in ca. 50 Metern Tiefe. Die Crew wurde zum Glück unversehrt geborgen (vgl. YACHT-Interview mit Torsten Michelmann) ...
Die "Tøsen" vom deutsch-dänischen Flensborg Yacht Club unter Vollzeug nimmt Kurs nach NordOst...
...und folgt der späteren Unglücksyacht (li.) im Kielwasser. Das Bild ist wohl eines der letzten Fotos mit der KALLISTO im unversehrten Zustand ...
Zehn Minuten später (die Dänemark Fähre musste noch durch!) die zweite Startgruppe: die Yachten kleiner, dafür aber deutlich mehr Boote - also noch weniger Platz im ohnehin engen Seekanal...
...und einige Teams z.T. nicht ganz so routiniert in ihren Spi-Setzmanövern...
...fairerweise wurde von rechts jedoch (fast) nicht geluvt, denn an Linksbord fuhr ja ziemlich dicht und ziemlich schnell die ziemlich harte Westmole vorbei (grünes Molenfeuer im Hintergrund)...
...egal wie - die Spis mussten jetzt hoch und ...
...jedes Team bekam gleich zu Beginn schon die erste Prüfung...
...wie zum Beispiel KRABAUTER, die ihren pinkes Hauptstadt-Feinripp keine fünf Minuten nach dem Start "sauber ausgeliekt" vorfanden.
Der Südwest-Wind gab schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die folgenden 100 Meilen bis zum dänischen Ostseefelsen...
...und irgendwann verschwanden dann auch die letzten Eieruhren...
Spinaker wohin das Auge blickte - insgesamt waren es wohl 63 bunte Segel am Horizont...
...auch KRABAUTER hatte noch mehr farbiges Tuch in petto (und gewann damit am Ende die Yardstick-Gruppe 2!).
IVANA S. aus Grömitz wurde unter Skipper Dietrich Stahl am Ende Zweite in der Gruppe ORC3...
...während SUNSHIP, ein modifizierter Hiddensee-Vierteltonner (siehe "Zuckerstreuer" am Heck) aus Rostock, mit Ruderschaden vor Bornholm aufgeben musste.
Ein Anblick für die Götter! Die ADHARA aus Berlin - ein DDR-historischer 50er Seekreuzer und das mit Abstand älteste Schiff in der diesjährigen Flotte konnte sich vom Geschwindigkeitspotenzial her prima...
...mit der 32 Jahre alten BLUE BIRD aus Rostock duellieren. Das kleinste Schiff im Feld, ähnlich wie SUNSHIP ein DDR-Vierteltonner ("Trabant der Ostsee") und Jugendboot des RSC-92, gewann unter Skipper Robert Kewitz nicht nur die Yardstick-Gruppe 3 sondern erzielte auch die schnellste gerechnete Zeit der nach Yardstick gestarteten Yachten!
'First Shit Home' ;o) nach 34h20m43s und diesmal auch ein hart erkämpfter ORC1-Gruppen-Sieg nach berechneter Zeit: Die SEB2 unter Skipper Martin Buck ging als einziges Schiff noch am Dienstag 10.07. um 23.21 Uhr über die Ziellinie in Warnemünde. Das Foto entstand zwei Minuten später, also quasi kurz vor Mitternacht ohne Blitz mit 1600er ISO(!) und vom wackeligen Schlauchboot aus. ;o)
Rund Bornhom 2012 (alle fotos cc by RostockSailing.de)
die Idee, den Känguruh-Start wieder einzuführen, kann ich nur unterstützen. Es war früher bis zum Ende spannend und die kleineren Yachten konnten ihren Beitrag dazu leisten.... Schönes WE beim Segeln
AntwortenLöschenDas stimmt, aber die Rahmenbedigungen für die Wettfahrt müssen sich allgemein professioneller aufgezogen werden. 300 Leute mit Essen versorgen darf nicht 3 Stunden dauern. Und ob man durch Zahlung des Essens-Obolus auch legitimiert was zur Speisen, wurde nicht kontrolliert. Wenig Essen für die ehrlichen. Das ist natürlich nur am Rande, stösst aber auf. Sonst ein tolles Rennen!
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